Schon Monate vor unserer Abreise haben wir geträumt wie es wohl sein wird so lange unterwegs zu sein. Wir wussten ja nicht was genau auf uns zukommt. Woher auch? Waren wir doch bis dahin ganz gewöhnliche Urlauber, die ihre fünf Wochen pro Jahr damit verbrachten möglichst Viel in sehr wenig Zeit zu erleben.
Und so hatten wir, ohne lange darüber nachzudenken, einen festen Entschluss gefasst. So nicht! Kein ständiges Reisen und Kilometer schreiben. Langsam war die Devise für dieses Abenteuer.
Nach vier Wochen bei Anne, Petri und den Kindern können wir endlich sagen wir haben unser Ziel erreicht. Der Gedanke langsam zu reisen ist nun wirklich im Bewusstsein angekommen. Hier haben wir gemerkt was wir wirklich erleben wollen. Langsam reisen heißt stehen bleiben können. Menschen kann man nicht kennen lernen wenn man vorbeifährt. Man trifft sie in ihrem Alltag und das Beste ist, man macht ihren Alltag zu seinem. Genau das haben wir machen dürfen. Vier Wochen lang ein Teil ihrer wunderbaren Familie zu sein.
Es begann als Job und endete in einer Freundschaft. Ich glaub so kann man es am besten beschreiben. Doch was genau war unser Job? Klar war, es gibt eine Art Vereinbarung und schließlich waren wir hier um ihnen zu helfen und dafür Kost und Logi zu erhalten. Zu Beginn hatte noch keiner den Dreh richtig raus, wie wir uns an die Sache ranmachen sollten. Wir wussten nicht welche Arbeiten erledigt werden müssen und sie wussten nicht ob wir dazu auch fähig wären. Also einfach mal ran an die Arbeit und machen. Streichen, Holz hacken, Kräuter sammeln und in der Küche helfen. Alles was so anfällt haben wir in Angriff genommen und erledigt. Und nach ein paar Tagen bekamen wir immer mehr Übersicht, was so alles auf ihrer Liste steht. Vier Wochen reichen dafür bei Gott nicht aus aber wenn wir einige Punkte davon erledigen können, würden wir nach vier Wochen mit Stolz geschwelter Brust abreisen können.
Insgeheim haben wir ja eine Liste im Kopf mit Dingen, die wir auf unserer Reise machen wollen und Imkern ist einer dieser Punkte. Rein zufällig hat Anne selber vor vier Jahren angefangen sich mit Bienen zu beschäftigen. Heute hat sie drei Bienenstöcke quer über ihr Grundstück verteilt und ist stolze Hobby-Imkerin. Das erste Mal rein in einen Imkeranzug ist ein komisches Gefühl. Man schirmt sich vollkommen ab gegen das, was einen den leckeren Honig erst bringt. Bei 30 Grad gibt es bestimmt auch komfortablere Kleidung aber ganz ohne Anzug wäre es keine Option gewesen. Wenn die Bienen einen in Scharren um den Kopf kreisen bekommt man erst so richtig mit, was sich in so einen Bienenstock abspielt. Unglaublich wie viele dieser kleinen, fleißigen Bienen dort ihre Arbeit verrichten. Wenn man sich vor Augen führt, dass eine einzige Bienen circa einen Teelöffel Honig in ihrem Leben produziert, wird einem klar wie viele Bienen für 100 Kilogram Honig arbeiten müssen. Genau das war die Menge, die wir, während unserer Zeit, geimkert haben. 100 Kilo feinster, goldgelber Honig.
Als Petri mir von seinem Terrassen-Geländer-Projekt erzählte war ich gleich Feuer und Flamme. Er meinte es sei schon lange überfällig, dass die Terrasse rund um den Pool, hinter der Sauna, ein Geländer bekommt und ob ich mich, als Tischler, der Sache annehmen möchte. Wie konnte ich dazu nein sagen. Ist es doch genau die Arbeit, die ich am besten kann, die mir am meisten Spaß macht. Geplant habe ich alles an einem der wenigen Regentage. Die nächsten zwei Wochen waren geprägt von Sonne, Sonne und noch mehr Sonne. Sehr ungewöhnlich für Finnland aber ich habe die Zeit genutzt das Geländer vor unserer Abreise fertigzustellen. Mit Erfolg.
Anne ist eine wahre Kräuterhexe und Babsi hat einiges darüber gelernt, dass aus dem eigenen Garten viel mehr für den täglichen Gebrauch verwendet werden kann als man vorerst denkt. Der Gang in den Garten vor dem Frühstück, um frische Kräuter für den Tee zu haben, war entspannt und voller Ruhe. Nicht nur weil fast alle noch schliefen und das Haus ohne jeden Ton war, sondern weil es etwas Beruhigendes hat die Kräutermischung selbst zu schneiden. Babsi verbrachte Stunden damit verschiedenste Pflanzen zu sammeln, in der Sauna zu trocken und oder zu kochen und aufzugießen. Säfte, Cremen, Tees. So viel lässt sich aus den unscheinbaren Grün im Vorgarten machen man muss sich nur trauen.
Aber nicht die Arbeit hat diese vier Wochen so außergewöhnlich gemacht. Es waren die Menschen. Alle zusammen. Die ganze Familie. Jeder Einzelne hat uns von Anfang an willkommen geheißen. Nur selten hat ein Tag vor Mitternacht geendet weil wir einfach nicht aus dem Reden gekommen sind. Anne und Petri haben uns so viele Geschichten über Land und Leute erzählt, wir könnten ein ganzes Buch damit füllen. Selbst die „freien“ Tage verbrachten wir meist alle zusammen. Ob mit dem Fahrrad durch Turku, zu Fuß durch Sumpfgebiete oder ein Abendessen auf einem, im Hafen liegenden, Boot. Es war ihnen ein großes Bedürfnis uns ihr Finnland zu zeigen und wir ließen es zu.
So viel mehr gäbe es zu erzählen. Vier Wochen ist eine so unglaublich lange Zeit und doch immer noch viel zu wenig um ein Land und seine Leute wirklich kennen lernen zu können. Der Abschied fiel schwer denn wir hatten nicht nur eine unheimlich schöne Zeit mit vielen neuen Eindrücken sondern haben Freunde gewonnen und durften, dank ihnen, einen Augenblick Finnland leben – als Teilzeit-Finne sozusagen.
Thank you to Anne, Pete and the Kids for this wonderful time and all this personal and unforgettable moments with you! We are looking forward to see you again.